Bist du nach 10 Jahren match-day.de bereit für eine unterhaltsame Zeitreise? Tauche ein in einen amüsant geschriebenen Erfahrungsbericht von Mitinhaber Jan Stratmann, der dich mit auf eine humorvolle Reise durch den alltäglichen Wahnsinn der beliebtesten Plattform für den Amateurfußball im Hochsauerland nimmt. Lass dich überraschen, schmunzle und entdecke auch dich vielleicht wieder. Viel Spaß beim Lesen!
„Wochenendplanung?“ – diese WhatsApp-Nachricht, meistens Donnerstags, ist nicht etwa das ernstgemeinte Interesse an meinen Plänen für das Wochenende, sondern der passiv-aggressive Hinweis von Kollege Rico Schulte, dass ich die Frechheit besessen habe, ihm noch nicht mitzuteilen, an welchen Sportplätzen ich am darauffolgenden Sonntag irgendwelchen halbangesoffenen Mittzwanzigern beim Bolzen zuschaue statt ihn mit meiner Familie zu verbringen. Die Anfrage ignoriere ich dann einfach zwei Stunden lang und erhalte eine ohnehin schon vorbereitete, völlig absurde Abfolge von Kreisliga-Kicks, die ohne geografisches Wissen über den Ostkreis von jemandem zusammengehauen wurde, der seit fünf Jahren nicht mehr östlich von Meschede war.
10 Jahre voller Leidenschaft für den Fußball im Hochsauerland | Zum Artikel |
Im Laufe des Tages tingeln dann so langsam die Stimmen der Trainer für die Vorberichte ein, die man am Freitagabend, während normale Menschen Sozialkontakte pflegen oder Let’s Dance schauen, in den Rechner hämmert. Spätestens ab der Winterpause sind dann glücklicherweise auch die Samstage gerettet, weil man sich freitags – statt Vorberichte zu schreiben – bei Eiseskälte und Sturmböen unter schummrigen Flutlicht mit abgefrorenen Fingern ans metallische Kameraobjektiv klammert, weil niemand ahnen konnte, dass im Dezember oder Februar in den Sauerländer-Höhenlagen Schnee liegt, der Platz so tief ist, dass man bis zu den arthrotischen Knien darin versinkt, oder man sich am vereisten Maulwurfshügel das Sprunggelenk zerlegt.
Der Sonntag beginnt dann damit, dass man sich von der Familie verabschiedet, die man erst am Montag wiedersieht. Dazu sollte man beim Frühstück schon mal die Austragungsorte der anstehenden Spiele checken – eine Lektion, die man auf die harte Tour lernt. Düdinghausen statt Oberschledorn ist noch ein harmloses Beispiel, da man im Vorbeifahren denkt: ‚Komisch, warum stehen denn hier….Scheiße!‘. Vollbremsung, fertig! Arpe statt Wormbach, Heringhausen statt Ostwig oder Bleiwäsche statt Madfeld kann einen minutiös geplanten Tag schon mal ins Wanken bringen.
Nach gelungener Anreise, die durch Podcasts, kalten Kaffee von der Tanke und eine Wegwerf-E-Zigarette versüßt wurde, stellt die Parkplatzsuche die nächste Herausforderung dar. In Bödefeld ist der Fußweg vom Auto weiter als der „Hollenmarsch“. Ich habe es unter Zeitdruck mal gewagt, mit dem Auto durchzufahren und wurde auf dem Weg zum Platz von Vorstandsmitgliedern angeguckt, als hätte ich vor deren Augen einen Hundewelpen ersäuft. Am Ziel angekommen habe ich festgestellt, dass bereits alles vollgeparkt war und durfte zum Dank trotzdem einen ebenso weiten Weg auf mich nehmen – nur aus der anderen Richtung, nachdem ich auf einer Kuhwiese geparkt hatte.
Gründer Rico Schulte blickt auf 10 Jahre match-day.de zurück | Zum Artikel |
Auf dem Wormbacher Berg in Schmallenberg ist das Verhältnis Autos zu Parkplätze ungefähr 5:1 und es ist einparktechnische Kreativität oder ganz viel Mut zur Lücke gefragt. Wer nicht an einem Abhang, in einem Busch oder der Zufahrt für den Krankenwagen stehen möchte, sollte frühzeitig anreisen. Ein Geheimtipp ist die Hütte oberhalb der Sportanlage, aber wenn Tante Hedwig an diesem Nachmittag dort zu ihrem 70. Geburtstag geladen hat, sieht es da auch aus wie Montagmorgens vor dem Aldi. In Erlinghausens Schulstraße wird es auch regelmäßig eng. Hier trauen sich zum Glück nur zwei VIPs die Garagen des nahegelegenen Bauunternehmens zuzuparken: Aki Watzke und ich.
In den Eingangsbereichen war, gerade in meiner Anfangszeit, eine beliebte Frage: „Bist du von der Presse?“. Nein, ich habe mir natürlich eine 10.000 Euro teure Kamera gekauft, um mir wöchentlich 2 Euro Eintritt zu sparen. Ältere Herrschaften, die mich verwechseln, auch gern gesehen. Da sieht ein Dialog auch gerne mal so aus:
Er: „Bist du von der Zeitung?“
Ich: „Nein, match-day.de.“
Er: „Was?“
Ich: „Äh, Internet. Das ist für’s Internet.“
Er: „Nicht für die Zeitung?“
Ich: „Neeheee. match-day.de. Internet. Kein plattes totes Holz, sondern Handy oder Computer!“
Er: „Ihr habt da bei euch in der Zeitung immer nur Sundern. Macht doch mal mehr über uns!“
Ich: „Ich geb’s weiter…“
Am Platz angekommen sucht man sich dann ein lauschiges Plätzchen mit der Sonne im Rücken – wegen Fotos, nicht zur Hautkrebsprophylaxe – abseits und außer Hörweite der örtlichen Fanszene und in der Spielfeldhälfte, in der man bei überkreislichen Spielen keinen nervösen Teenie-Schiedsrichter-Assistenten vor sich herumturnen hat, der naturgemäß immer da im Weg steht, wo ich gerade hin fotografieren will, oder auf Kreisebene – noch schlimmer – einen übereifrigen Aushilfs-Linienrichter, der vor dem Objektiv mit der Fahne herumwedelt wie Felix Brych auf Koks, obwohl der Schiedsrichter ihn 90 Minuten keines Blickes würdigt und seine unzulässigen Korrekturversuche ignorieren muss. Da donnert man dann mit der gebrauchten Profi-Kamera, die leise ihrer Bundesliga-Zeit hinterherjammert, möglichst in 15 Minuten eine Galerie zusammen und fährt zum nächsten Highlight.
Mitinhaber Jan Stratmann erklärt seinen Weg zu match-day.de | Zum Artikel |
Aufgrund meines Wohnortes ist die letzte Station meiner Knips-Orgie meistens die Jakobuslinde in Brilon, wo zu dem Zeitpunkt meiner Ankunft schon die Schlussphase der Partie läuft. Während ich in der match-day.de-Spielerdatenbank den tagesaktuellen Namen des Briloner Trainers nachschaue, erreicht mich meistens das erste Lebenszeichen von Kollege Schulte per WhatsApp, der zu diesem Zeitpunkt schon seit einer Stunde mit einem Kaffee gemütlich vor seinem Rechner sitzt.
„Foto?“ – was für den Außenstehenden wie eine freche, dummdreiste, formlose Nachricht klingt, ist der interne Code für: ‚Hallo Jan, wo bist du gerade? Könntest du bitte schon mal ein Titelbild für den gleich erscheinenden Landesliga-Bericht in die Cloud laden? Danke, Gruß Rico‘. Kann ich eigentlich nicht, da es gerade hoch her geht und Brilon einem Rückstand hinterherläuft. Nachfrage von Schulte: ‚???‘. Um des Friedens Willen stehe ich nun also an der Seitenlinie, fuchtel die Backup-Speicherkarte aus der Kamera, habe in der linken Hand das Handy und im Mund den Kartenleser, während ich aus dem Augenwinkel sehe, wie Brilon den Ausgleich macht und 500 Leute ekstatisch schreien. Das Gute an teurem Equipment ist, man kann es einfach fallen lassen, um den Jubel noch einzufangen. Dann überlege ich mir eine Antwort auf die Frage, wie es denn sein kann, dass ich das entscheidende Tor nicht zur vollsten Zufriedenheit beschreiben kann, obwohl ich doch vor Ort war. So hole mir mit der Sprachaufnahmefunktion des Handys ein paar leere Phrasen von den Trainern ab und fahre nach Hause.
Sollten wider erwarten schon die ersten Trainerstimmen eingetrudelt sein, was schwer abhängig vom Abschneiden der eigenen Mannschaft ist, beginnt nun der spaßige Teil des Tages und die Spielberichte für die überkreislichen Mannschaften werden zusammengenagelt. Immer gepaart mit dem mulmigen Gefühl, dass nicht irgendwo noch ein Rassisten-Arschloch seine enge Weltsicht herausposaunt hat, ein Schiedsrichter geschubst wurde oder ein Trainer hingeschmissen hat, denn dann ist der Tatort oder Kitchen Impossible um 20:15 Uhr ernsthaft in Gefahr.
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Apropos Kitchen Impossible: Gegessen hat man bis hierhin, außer einer halbgaren Bratwurst an einem Sportplatz, natürlich noch nichts. Mit der Erstellung der Galerien mit möglichst wenig Verletzungen der Persönlichkeitsrechte, einem kalten Bier und der Pizza mit den Resten des Tages lässt man dann den Tag ab 22:00 Uhr ausklingen. Während man dann mit Sodbrennen im Bett liegt, freut man sich auf die noch zu schreibenden Berichte der Kreisliga-Mannschaften am Montag und überlegt sich, welchen Trainer man in der kommenden Woche mit unangenehmen Fragen zur Weißglut bringen könnte. Dazu antwortet man zum Abschluss noch ein paar Leuten in persönlichen Nachrichten, denen man erklären muss, warum wir ein Abo-Modell haben…